Interview

Der Klang der Einheit

Interview mit Monika Cyrani

Warum singst du, warum schreibst du Lieder?

Ich singe und komponiere, weil ich es liebe, Klang zu erzeugen, Klang zu sein. Es macht lebendig, ist reinigend, klärend und erhebend zugleich. Es nährt mein Herz. Und ich freue mich, dieses Nährende mit meiner Musik an andere Menschen weiterzugeben. An alle, denen meine Musik etwas Gutes gibt.

Warum liebst du es, Klang zu sein?

Weil ich es liebe, mich auszudehnen und ganz weit zu werden. Im Verschmelzen mit dem Klang, in der Hingabe an einen Ton geschieht etwas Magisches. Aber das Herz muss dabei sein, damit diese Magie entstehen kann. In der Musik erfahre ich eine Welt jenseits von Gut und Böse.

Was, meinst du, ist das Wertvollste an der Musik?

Musik ist für mich persönlich eine große Lehrerin der Liebe. Sie erklingt und formt eine Brücke aus Klang. Denn gleich welche Sprache wir sprechen, woher wir kommen, wer wir sind, ein gemeinsam gesungener Ton hilft uns zu erkennen, dass wir alle in unserem tieferen Selbst miteinander verbunden sind. Er lädt uns in seine Weite ein, befreit uns von der Enge unserer eigefrorenen Meinungen. Er lädt uns ein, tiefer zu sinken, tiefer in uns Selbst. Musik verleiht uns Flügel und zeigt uns, es sind nicht die ihren, es sind die unseren. In meinen Klang-Seminaren, oder in dem gemeinsamen Singen in meinen Konzerten, merke ich, wie die Menschen diese Erfahrung lieben.

Doch ich kann mir kaum vorstellen, dass die Menschen, die beispielsweise verschiedene Sichtweise über Corona haben, sich zusammensetzen und einen gemeinsamen Ton anstimmen. Was meinst du, wäre es möglich?

Das könnten wir erst dann herausfinden, wenn wir ein Experiment starten. Dazu lade ich gerne ein, wenn sich Menschen dafür melden. Menschen mit verschiedenen Sichtweisen und Meinungen kommen zusammen. Sitzen im Kreis. Jeder drückt seine Sichtweise aus und anstatt, dass wir uns aufeinander stürzen und uns mit bösen Worten bewerfen, atmen wir tief durch und spüren, was wir spüren. Angst, Wut, Hass, Trauer. Jeder bleibt bei sich selbst. Zeigt mit dem Finger nicht auf den anderen. Spürt, was er spürt, und beginnt, dem einen Ton zu geben. Unser Fühlen im Klang zu befreien, verschafft uns einen gereinigten inneren Raum, wo wir wieder mehr bei uns selbst ankommen können. In unserer Mitte, in unserem Körper, in unserem tiefen Atmen und vor allem in unserem Herzen, in der Liebe. Natürlich bleiben die Meinungen immer noch unterschiedlich, doch vielleicht erkennen wir, dass es nirgendwohin führt, wenn wir uns mit Schimpfwörtern bewerfen. Es führt nur in die Trennung, nur in den Krieg. Ich persönlich bin auf jeden Fall für einen „Frieden trotz Meinungsunterschiede“.

Himmel | Monika Cyrani | Foto: Mike Kauschke

Solch eine Klang-Arbeit, zu der du einlädst, ist doch auch eine Art gewaltfreie Kommunikation. Dafür müssten jedoch Menschen zusammenkommen, die dafür offen sind.

Ja natürlich. Menschen, die sich entschlossen haben, sich selbst und ihr Leben, ihr Herz nicht länger zu vergiften. Menschen, die nicht Sklaven der Angst sein wollen, sondern Leuchttürme der Liebe. Die ihr spirituelles Potenzial leben wollen. Die sich mehr nach einem friedlichen Zusammenleben sehnen, als danach, recht zu haben. Ich glaube, wir alle müssen akzeptieren lernen, dass wir nun mal verschieden gestrickt sind. Einer hat Angst vor einem Bären, ich vor einer Maus. Der eine hat keine Angst vor Krankheiten und Tod, weil er an Gott glaubt, der andere wird panisch, wenn er Husten bekommt. Doch wie wollen wir hier alle miteinander leben? Es braucht unser Herz, wenn wir Frieden auf der Welt ersehnen. Und dieser Frieden beginnt in uns selbst. Mit all dem, was in uns ist, dürfen wir Frieden schließen, auch mit dem Hass, wenn er da ist. Das ist Selbstliebe.

Eines deiner Alben heißt „Selbstliebe“. Würdest du behaupten können, dass du dich selber liebst?

Ja, ich glaube, das kann ich behaupten. Doch das bedeutet nicht, dass man immer nur lächelt. Ich liebe auch meine Angst oder meinen Hass, wenn er mal auftaucht. Und wenn ich ihn gerade nicht lieben kann, mich damit verurteile, dann liebe ich mich auch mit meiner Verurteilung. Das ist das Wesen der Liebe. Sie liebt. Unseren Hass zu lieben, ist vielleicht die größte Herausforderung für uns Menschen, weil wir gelernt haben, wir seien böse, wenn wir hassen. Doch das stimmt nicht. Wir sind sehr verletzt und fühlen uns ohnmächtig, wenn wir hassen, und wir haben große Angst vor etwas für uns Bedrohlichen. Es ist hoffnungslos zu sagen, der oder die ist schuld daran, dass ich so fühle, dass ich Angst habe oder wütend bin. Dort draußen gibt es keine Lösung. Da laufen Menschen herum, die alles Mögliche glauben und denken. Ich kann sie nicht ändern. Doch was ich ändern kann, ist mein Denken, das mich stresst, das meine Psyche krankmacht. Die Selbstliebe führt mich zu meinem tieferen Selbst, zu dem Licht meiner Seelenkraft.

Du singst auch in manchen deiner Lieder von dem tieferen Selbst, von dem du jetzt sprichst. Was ist das für dich genau?

Das tiefere Selbst sind wir in unserer Tiefe. Dazu habe ich eine schöne Geschichte. Es ist die Geschichte einer Welle, die nicht gelernt hat wahrzunehmen, dass sie zum großen Meer gehört, dass sie ohne dieses Meer ja gar nicht existieren würde. Sie fühlt sich daher oft sehr einsam und von den anderen Wellen getrennt und sie hat Angst, zu sterben. Manchmal scheint die Sonne sehr intensiv und berührt die Welle mit dem Klang ihrer Wärme. Und wenn die Welle sich gerade nicht beweisen will, wie schrecklich einsam sie ist, dann kann sie diesen wundervollen Klang sehr genießen. Sie kann sich ihm völlig hingeben, sich völlig in ihn fallen lassen. Sie wird mit ihm eins. In dieser Hingabe spürt sie plötzlich die Tiefe des Meeres unter sich und fühlt, es ist ihre eigene Tiefe. „Was für eine Schönheit und Größe, die ich bin“, sagt sie und spürt in sich eine nie zuvor dagewesene Sicherheit. Mein Lied „Wellen in Meer“ auf meiner neuen CD „Der Stern in uns“ ist eine Einladung, in das innere Meer zu tauchen. Es ist eine Meditation.

Eine schöne poetische Beschreibung unseres tieferen Selbst. Ist es das sogenannte wahre Selbst, von dem du auch in deinem Lied „Ich bin Du“ und in deinen anderen Liedern singst?

Ja, es ist das göttliche Selbst, das die Wahrheit kennt. Es weiß, dass es zu einem großen Meer gehört und daraus entsteht. Und darin auch nicht sterben kann. Eine Welle verliert sich im Meer und taucht wieder als neue Welle auf. Oder sie ruht darin, wenn es gerade keine Wellen gibt. Sie existiert nicht für sich allein. In dem Lied „Ich bin du“, das gerade auf meinem neuen Album „Feuer des Herzens“ herauskam, singt das tiefere Selbst zu dem kleinen Selbst, um es an das Licht, das es ist, zu erinnern. In meinen Liedern widme ich mich oft dieser Thematik. „Der Stern in uns“ mein zweites neues Album, das ich gerade produziert habe, ist auch eine Erinnerung daran. Wie beim Bild des Meeres ist es auch beim Bild des Universums. Die Sterne sind hier die Wellen. Es gibt keinen einzigen Stern, der nicht zum großen weiten Universum gehört, genauso wie es keine Welle gibt, die für sich alleine lebt. Alles bedingt einander und bildet eine Einheit.

Himmel | Monika Cyrani | Foto: Mike Kauschke

Warum ist dir diese Erfahrung von der Einheit so wichtig? Warum schreibst du Lieder darüber?

Weil ich diese Erfahrung teilen will. Sie in einem Lied erklingen lassen will. Doch auch weil ich weiß, wie sehr es weh tut, wenn man sich nicht dazugehörig fühlt, wenn man sich völlig abgetrennt von allem fühlt und leer. Das kenne ich aus meinem Leben, vor allem als ich jünger war, sehr gut. Daher liegt mir am Herzen die Menschen, die sich einsam oder mutlos fühlen, vielleicht durch solch ein Lied zu ermutigen, sie an eine tiefe innere Wahrheit zu erinnern, die uns allen innewohnt.

Bevorzugst du lieber das Wort Einheit als das Wort Gott? Glaubst du an Gott?

Mal so, mal so. Doch ich glaube an keinen strafenden Gott, wie uns das die Religionen lehrten. Das ist ein sehr altes und verzerrtes Bild von der Liebe, von Gott. Bestrafung hat für mich nichts mit Liebe zu tun. Liebe hebt Irrtümer auf. Sie transformiert unser Bewusstsein der Trennung. Das ist die Macht der wahren Liebe. Ich glaube an Gott als unsere Ur-Quelle der Liebe, mit der wir als die Wellen in einem Meer der Liebe immer verbunden sind. Würden wir uns erinnern, dann würden wir keine Angst mehr haben, uns fallen zu lassen. Lässt sich eine Welle fallen, fällt sie in das Meer hinein, aus dem sie kommt.

Jetzt möchte ich noch auf deine mediale Gabe zu sprechen kommen. Du bietest in deinen Seminaren oder Klang-Sessions ja auch Klang-Reisen an. Wenn jemand nicht weiß, was das bedeutet, wie würdest du es beschreiben? Was passiert da, wenn du als Medium wirkst?

Meine mediale Gabe ist so etwas wie eine Antenne zu der feinstofflicheren, geistigen Welt. Versetze ich mich in einen tieferen Zustand und tauche tief in das Meer ein, um weiterhin in diesem Bild von vorher zu bleiben, und öffne mit meiner Stimme oder Klängen einen Seelen-Raum. Diesen Raum kann häufig auch der Klient, beispielsweise bei einer Klang-Session wahrnehmen. Er spürt sein tieferes Sein oder seinen Engel, der ihn begleitet. Oder er bekommt Bilder, die aus seiner Seele auftauchen, die eine wichtige unterstützende Botschaft für ihn sind. Oder er spürt einfach nur eine unendlich wohltuende Energie und ich empfange Bilder, die unterstützend für seine Lebenssituation sind, und teile sie ihm im Klang oder Sprache mit. Die Erfahrung alleine ist schon für viele unendlich berührend und wird als sehr heilend empfunden.

Nutzt du deine mediale Gabe auch, wenn du komponierst oder nur in der Klang-Arbeit mit Klienten?

Bei beidem. Gerade die Musik kann man ja hervorragend als ein Medium nutzen, um etwas zu kommunizieren, was sich unserem Verstand entzieht. Ich liebe es einfach, mit Klang in Zusammenhang mit meiner Medialität zu arbeiten, und mich selbst und andere, die es wollen, dadurch an das Licht unseres tieferen Selbst zu erinnern.

Das Interview führte Patricia Biondo.

 

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